Was sind Seekarten?
Klassische Seekarten auf Papier sind bis heute Teil der Grundausstattung an Bord. Nach § 13 der Schiffssicherheitsverordnung müssen Sie aktuelle Papierseekarten auf Schiffen, Yachten und Booten mitführen. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Mercator-Karten. Das heißt, um eine winkeltreue Projektion der Erdoberfläche auf einen Kreiszylinder. Dabei sind die arktischen und antarktischen Bereiche vergrößert. Die Längen- und Breitengrade sind als gerade Linien dargestellt, die sich rechtwinklig schneiden.
Warum sind Seekarten auf Papier unverzichtbar?
Aus rechtlichen Gründen brauchen Sie an Bord zwei voneinander unabhängige Navigationssysteme. Das schreibt der Gesetzgeber vor. Damit bleiben Ihnen nur zwei Möglichkeiten:
- Entweder Sie nutzen einen Notstrom-Generator zusätzlich zu Ihrem elektronischen Navigationssystem.
- Oder Sie arbeiten mit klassischen Seekarten als Backup.
Klassische Seekarten haben also noch lange nicht ausgedient, selbst wenn Sie vollautomatische Kartenplotter, GPS-Geräte oder Smartphones mit Kartenfunktion und Positionslogging an Bord haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie mit einem Segelboot oder einer Motoryacht unterwegs sind. Zur Papierkarte gehören das Navigationsbesteck und der Kompass.
Was ist das Navigationsbesteck?
Das Navigationsbesteck brauchen Sie, um mit einer Papierseekarte navigieren zu können. Zum Navigationsbesteck gehören…
- ein Kursdreieck mit einer Gradeinteilung,
- ein Anlegedreieck ohne Gradeinteilung und
- ein Kartenzirkel
Wer zeichnete die ersten Seekarten?
Der Grieche Anaximander (610 bis 546 v. Chr.) gilt als erster Zeichner klassischer Seekarten. Allerdings waren diese nicht zur Orientierung auf hoher See gedacht. Er wollte damit die noch zu besiedelnde Welt kennzeichnen. Seekarten, wie wir sie heute kennen, gibt es seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelten sie sich zum wichtigsten Teil der Navigationsausrüstung an Bord eines Schiffes.
Was sind elektronische Seekarten?
Es gibt zwei Arten von elektronischen Seekarten: Rasterkarten und Vektorkarten. Bei Rasterkarten handelt es sich um digitalisierte Papierkarten. Allerdings ist es nicht möglich, Details durch eine Vergrößerung sichtbarer zu machen. Bei Vektorkarten wird die Kartendarstellung dynamisch aus den Vektordaten erstellt. Dadurch ist die Software in der Lage, mehr Informationen zu verarbeiten und darzustellen. Vektorkarten ermöglichen verschiedene Voreinstellungen. Beispielsweise lassen sich Seezeichen darstellen sowie Markierungen oder Beschriftungen ausblenden.
Was ist beim Kauf von Seekarten zu beachten?
Exakte Seekarten sind für die sichere Navigation bei Hochseetörns und auf größeren Binnenrevieren vom Gesetzgeber vorgeschrieben.
1. Aktualität des Kartenmaterials
Sowohl digitale als auch klassische Seekarten sollten auf aktuellem Stand sein. Nur dann ermöglichen sie eine sichere Navigation. Für elektronische Karten gibt es regelmäßige kostenfreie oder kostenpflichtige Updates. Seekarten…
- zeigen präzise die Küstenverläufe an,
- machen auf Untiefen aufmerksam,
- kennzeichnen Sperrgebiete,
- weisen auf Betonnungen hin,
- beinhalten Seezeichen und weitere wichtige Navigationshilfen.
Besonders in Küstennähe sollten die Tiefenangaben detailliert ausfallen.
2. Kompatibilität mit dem eigenen Gerät
Der Kartensatz sollte mit dem eigenen Gerät kompatibel sein.
Welche unterschiedlichen Seekarten gibt es?
Neben klassischen Papierseekarten gibt es digitale Seekarten. Diese lassen sich per App abrufen. Das macht ihre Nutzung flexibel. Kartensätze mit Ausschnitten aus amtlichen Deutschen Seekarten werden nicht korrigiert, sondern alle ein bis zwei Jahre in einer Neuauflage herausgegeben. Bei elektronischen Seekarten gibt es regelmäßige Updates. Diese können kostenlos oder kostenpflichtig sein. Das übernimmt der Anbieter des jeweiligen elektronischen Kartensystems. Weit verbreitet für Kartenplotter sind Seekarten von Navionics, Garmin und Magellan.
Wie funktioniert eine Seekarte?
Eine Seekarte erfüllt drei Aufgaben:
- Sie hilft dem Navigator dabei, die aktuelle Position des Bootes zu bestimmen.
- Anhand der Seekarte lässt sich die Fahrtrichtung festlegen.
- Sie zeigt, wo sich Tonnen – schwimmende Seezeichen – befinden.
Wenn Sie auf dem Wasser eine Tonne entdecken, können Sie auf der Karte nachschauen, wo sich diese befindet und so ihre eigene Position ermitteln. Legen Sie das Kursdreieck so an, dass der rechte Winkel unten liegt. Die schwarze Gradeinteilung reicht von 0 bis 180 Grad. Sie gilt für alle Kurse, die Richtung Osten gehen. Die rote Gradeinteilung gilt für alle Kurse Richtung Westen von 160 bis 380 Grad. Beim Verschieben des Kursdreiecks muss sich die Null auf einem Meridian befinden. Gehen Sie mit den Augen am Meridian entlang. Unten können Sie Ihre Position ablesen.
Weg bestimmen
Ein Beispiel: Angenommen Sie sind in der Nordsee südlich von Helgoland unterwegs und möchten den Weg von Tonne E2 zu Tonne E3 ablesen. Als Navigationsmittel nutzen Sie eine amtliche Seekarte des BSA (Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie in Hamburg und in Rostock).
- Legen Sie das Kursdreieck an die beiden Tonnen und zeichnen Sie einen Strich von Tonne E2 zu Tonne E3 in die Karte ein.
- Verschieben Sie das Kursdreieck so, dass die Nullmarkierung auf einem Längengrad liegt. Nehmen Sie zur Justierung das Anlegedreieck zu Hilfe.
- Gehen Sie mit dem Auge am Längengrad hinunter und lesen Sie den Kurs ab. (In unserem Beispiel ergibt sich ein Kurs von 120 Grad.)
Entfernung und Ort ermitteln
- Zur Bestimmung der Entfernung von Tonne E2 zu Tonne E3 nehmen Sie Ihren Kartenzirkel zur Hand. Spannen Sie den Zirkel zwischen den beiden Tonnen. Gehen Sie danach mit der Zirkelbreite an den linken oder rechten Kartenrand. Jetzt können Sie ablesen, wie viele Breitenminuten Distanz zwischen beiden Punkten liegt. Die Breitenminuten entsprechen den Seemeilen. (Es sind 7,4 Meilen.)
- Zeichnen Sie als nächste eine Peilung ein. Wir peilen die Tonne Jade-Weser in 258 Grad. Nehmen Sie das Kursdreieck und legen Sie die Null auf den nächstgelegenen Meridian. Drehen Sie das Kursdreieck, bis Sie unten diese Gradzahl ablesen können. Nehmen Sie das Anlegedreieck zur Unterstützung und verschieben Sie das Kursdreieck parallel durch die Tonne Jade-Weser. Nun können Sie die Peilung in die Seekarte einzeichnen.
- Um zu bestimmen, auf welchem Ort die Tonne Jade-Weser nach Breite und Länge liegt, benötigen Sie Ihren Kartenzirkel. Messen Sie den Abstand zum nächsten Breitengrad. Gehen Sie mit der eingestellten Zirkelbreite an den Kartenrand und lesen Sie die Breite ab. Sie beträgt 53 Grad (58,3 Minuten Nord). Zur Ermittlung der Länge messen Sie den Abstand von der Tonne zum nächsten Längengrad. Das sind 7 Grad, 38,7 Minuten Ost.